Ein Jahr nach UKs erstem Deferred Prosecution Agreement (DPA) – Schnellere Aufdeckung von Unternehmenskriminalität
18.01.2017 von Salvatore Saporito
Im November 2015 genehmigte der britische Gerichtshof die erste Vereinbarung über den Aufschub von Strafverfolgung (Deferred Prosecution Agreement (DPA)) zwischen der UK Betrugsbekämpfungsbehörde SFO und einem Unternehmen, das der Bestechung beschuldigt wurde. Ein weiteres DPA wurde im Juli 2016 mit einer nicht namentlich genannten Firma erreicht. Diese Fälle zeigen, wie sich Großbritanniens von den USA unterscheidet, wo DPA seit langem regelmäßig Anwendung finden. Die Erfahrung Großbritanniens hat scheinbar weitere Länder ermutigt, ebenfalls das Konzept des DPAs einzuführen.
DPAs zielen darauf ab, Compliance zu belohnen
DPAs ermutigen Unternehmen, Fälle von vermuteter Finanzkriminalität selbst anzuzeigen, offen mit den Behörden im Rahmen der Ermittlungen zu kooperieren und ihre Compliance-Prozesse zu verbessern. Im Rahmen eines britischen DPAs nehmen die Behörden die strafrechtliche Verfolgung gegen ein Unternehmen auf, lassen aber die Untersuchungen bei Zahlung einer vereinbarten Strafe vorerst fallen. Wenn das Unternehmen sich dann an die Bedingungen der Vereinbarung hält und ein Richter dies bestätigt, werden die Untersuchungen eingestellt und ein Schuldspruch entfällt.
Im Rahmen von Großbritanniens erstem DPA im November 2015, zahlte die Standard Bank etwa 33 Millionen US-Dollar, da es ihr mutmaßlich nicht gelungen war, Bestechungen bei einer ihrer Niederlassungen in Tansania zu vermeiden. Das DPA wurde erteilt, da schnell nachdem die vermutete Bestechung an die Hauptniederlassung der Bank in Südafrika berichtet wurde, der Fall auch an die Betrugsbekämpfungsbehörde SFO weitergeleitet wurde. Die Bank kooperierte im Rahmen der SFO-Ermittlungen und gab eine eigene unabhängige Untersuchung seiner Anti-Bestechungs-Regulierungen und -methoden in Auftrag.
Im zweiten DPA, auf das man sich im Juli 2016 einigte, zahlte ein anonymes Unternehmen mehr als 6,5 Millionen Britische Pfund, nachdem eine Niederlassung mutmaßlich Bestechungsgelder gezahlt hatte, um ausländische Geschäfte anzukurbeln. Diese Strafzahlung entsprach einer signifikanten Reduktion der üblichen Strafen für Bestechungsverstöße. Die Bestechungsvorwürfe kamen ans Tageslicht, nachdem eine in den USA registrierte Muttergesellschaft ihre globalen Compliance-Maßnahmen auch für die UK-Tochter umsetzen wollte. Das Unternehmen berichtete den Verstoß schnell an das SFO, unterstütze sie bei den Ermittlungen und überprüfte bestehende Compliance-Programme.
Großbritanniens klarer Standpunkt zu DPAs
In den USA kommen DPAs regelmäßig zum Einsatz, um Anschuldigungen von Finanzkriminalität zu klären. Es gab bereits mehr als 290 solcher Übereinkünfte mit Zahlungen von über 42,5 Milliarden US-Dollar. Die Aufsichtsbehörden (das Department of Justice und die Securities and Exchange Commission) haben ausreichend Spielraum, um die Konditionen der Vereinbarungen festzusetzen.
In Großbritannien hingegen muss jede Entscheidung von unabhängigen Richtern abgesegnet werden. Dabei wird geprüft, ob ein DPA im Interesse der Öffentlichkeit wäre und die gerichtlichen Anforderungen erfüllt. Wie Alun Milford, Leiter der Rechtsabteilung des SFO sagt, ist die richterliche Genehmigung eines UK Deferred Prosecution Agreements nicht leicht zu erhalten.1
Weltweite Ausdehnung
DPAs scheinen sich auch in anderen Ländern auszubreiten. Am 8. November 2016 hat Frankreich eine neue Anti-Korruptions-Gesetzgebung adaptiert, welche es Unternehmen erlaubt, solche verhandelten Übereinkünfte einzugehen. So wie in Großbritannien muss auch in Frankreich ein Richter die Übereinkunft in einer öffentlichen Anhörung überprüfen. Durch das Gesetz soll Frankreichs Strafverfolgung von Bestechungsfällen verbessert werden. Eine Arbeitsgruppe zu Bestechung der OECD sagte 2014, dass in Frankreich zwar seit 2012 24 neue Korruptionsfälle eröffnet worden waren, aber kein französisches Unternehmen wegen Bestechung verurteilt wurde, obwohl einige französische Unternehmen sogar im Rahmen des US Foreign and Corrupt Practices Act schuldig gesprochen wurden.
Früher in 2016 hatte die australische Regierung ein Schreiben mit einer öffentlichen Konsultation2 ins Leben gerufen, ob DPAs eingeführt werden sollen. 14 von 16 der antwortenden Parteien stimmten dafür. Dem Schreiben konnte man entnehmen, dass DPAs die Fähigkeit der Behörden verbessern könnte, Unternehmenskriminalität aufzudecken und zu verfolgen, Compliance und Unternehmenskulturen zu verbessern, langwierige und kostenintensive Untersuchungen und Strafverfolgung zu vermeiden, den Einfluss von Verurteilungen auf Dritte zu minimieren und eine größere Sicherheit für Organisationen zu bieten, die Fehlverhalten beseitigen wollen.
Die britische Version der DPAs scheint ein attraktiveres Modell für weitere Länder zu sein. Nach einem Bericht von Clifford Chance könnte die UK-Version von DPAs helfen, die bisherige Skepsis gegenüber DPAs in Australien zu senken.3 Es wird vermutet, dass die australischen DPAs den britischen angeglichen werden. Sollten DPAs in weiteren globalen Märkten umgesetzt werden, könnten sie Unternehmen, die international agieren, als Anreiz dienen, ihre Compliance-Prozesse zu verbessern.
Quellen
1 Deferred Prosecution Agreements – the perspective from England and Wales, sfo.gov.uk, 14.09.2016
2 Deferred prosecution agreements – public consultation, ag.gov.au, 02.05.2016
3 Australia considers introducing Deferred Prosecution Agreements, Clifford Chance, Juli 2016
Zur Person
Salvatore Saporito Team Leader Risk & Compliance Europe

Salvatore Saporito war mehr als sechzehn Jahre bei der LexisNexis GmbH tätig, unter anderem als Team Leader Risk & Compliance Europe. Er studierte an der Universität zu Köln Wirtschaftswissenschaften (Betriebswirtschaftslehre) mit dem Abschluss Diplom-Kaufmann. Er ist Mitglied im Deutschen Institut für Compliance (DICO), dem Berufsverband der Compliance Manager (BCM), in der DGI Fachgruppe Compliance sowie im österreichischen Compliance Praxis Netzwerk. Salvatore Saporito ist regelmäßig Referent zum Thema Geschäftspartnerüberprüfung.
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