Ist die Rüstungsindustrie startklar für den Kampf gegen Korruption?
23.01.2019 von Salvatore Saporito
Korruption ist in jeder Branche ein großes Problem. Doch ein im September 2018 veröffentlichter Bericht der Antikorruptionsorganisation Transparency International zielt auf eine ganz bestimmte Branche ab: die Rüstungsindustrie. In dem Bericht heißt es: „In den letzten zwanzig, dreißig Jahren mag sich einiges geändert haben, doch die Branche wird noch immer von systemischen und kulturellen Risiken geplagt. Bei den größten Fällen ging es um Korruption, die sich über mehrere Jahrzehnte und mehrere Rechtssysteme erstreckte.“ Warum erweist sich Compliance im Kampf gegen Korruption und Bestechung in der Luft- und Raumfahrt sowie in der Rüstungsindustrie als derart schwierig?
Rolls-Royce, die unter anderem Triebwerke für die Luftfahrt herstellen, waren in einem sich über 24 Jahre erstreckenden Bestechungs- und Korruptionsskandal verwickelt, an dem zwölf Länder beteiligt waren. 2017 wurde auch Airbus, ein weiterer Großkonzern in der Luftfahrtbranche, der Korruption bezichtigt. Damals berichtete TheGuardian, die rechtlichen Probleme des Unternehmens seien auf den Einsatz von „Handelsvertretern“ zurückzuführen – Mittelsmänner, die auf „schwierige“ Regionen spezialisiert sind und multinationalen Unternehmen dabei helfen, Verträge zu sichern. 2010 gab BAE zu, an einem Betrug der US-Regierung beteiligt gewesen zu sein, und akzeptierte Strafzahlungen in Höhe von über 400 Millionen US-Dollar – eine der zehn höchsten Geldbußen, die jemals verhängt wurden.
4 Gründe für die Korruptionsanfälligkeit der Rüstungsindustrie
Die Luft- und Raumfahrt sowie die Rüstungsindustrie nutzen sehr spezielle Technologien, die normalerweise strengen Im- und Exportrestriktionen unterliegen. Neben dem höheren Sanktionsrisiko nennt Transparency International vier weitere Faktoren, die eine noch größere Bedrohung darstellen.
- Geheime Zusammenarbeit: Die Zusammenarbeit mit staatlichen Behörden ist vor allem im militärischen Bereich streng vertraulich. Beschaffungsprozesse für Rüstung und Verteidigung verlaufen daher nicht so offen und transparent wie in anderen, weniger sensiblen Branchen. Während die nationale Sicherheit oft als Grund für die Geheimhaltung angeführt wird, öffnet gerade der mangelnde Überblick der Korruption Tür und Tor. Das gilt ganz besonders für Schwellenländer.
- Großaufträge: Transparency International weist darauf hin, dass Aufträge für große Waffenplattformen und militärische Ausrüstung in mehrfacher Hinsicht lukrativ sind. Ein solcher Auftrag ist an sich schon umfangreich, doch die damit einhergehenden Dienstleistungs- und Unterstützungsverträge sind ebenfalls von beträchtlichem Kaliber. Da militärische Ausrüstung jedoch zudem eine im Allgemeinen lange Lebensdauer hat und Regierungen Kriegsschiffe und Kampfjets nicht schnell ersetzen, gewinnt ein Großauftrag dadurch noch mehr an Bedeutung. In einem so hart umkämpften Markt können Unternehmen – und diejenigen, die in ihrem Namen handeln – versucht sein, einen Rüstungsauftrag mit fragwürdigen Mitteln an Land zu ziehen.
- Komplexe Verhandlungen: Wo derart große Summen im Spiel sind, ziehen sich Vertragsverhandlungen ungewöhnlich lange hin. Auch globale Lieferketten, Joint Ventures und Drittvermittler können hierbei eine Rolle spielen, was wiederum mehr Due Diligence und kontinuierliche Risikoüberwachung zur Gewährleistung der Compliance während der Vertragslaufzeit erfordert. Darüber hinaus stellen Kompensationsgeschäfte ein höheres Risiko in Sachen FCPA-Compliance dar, da durch sie Situationen entstehen, in denen politisch exponierte Personen (PEPs) die Aufträge – und somit die Finanzmittel – in Richtung eines Projekts lenken, von dem Regierungsbeamte direkt oder indirekt über Familienangehörige profitieren.
- Politische Verbindungen: Immer dann, wenn staatliche Behörden Aufträge vergeben, sind PEPs aufgrund potenzieller Interessenskonflikte in Bezug auf Kampagnenfinanzierung und Rüstungslobbyisten gefährdet. Dazu kommt noch, dass in der Luft- und Raumfahrt sowie in der Rüstungsindustrie tätige Unternehmen zunehmend in Schwellenländern aktiv werden, um schrumpfende Verteidigungsetats in stärker entwickelten Ländern auszugleichen. Sie eröffnen sich so Märkte, in denen Schmiergelder Teil der Kultur sind oder in denen Korruption und Vetternwirtschaft in Regierungskreisen um sich greifen.
Politische Verbindungen: Immer dann, wenn staatliche Behörden Aufträge vergeben, sind PEPs aufgrund potenzieller Interessenskonflikte in Bezug auf Kampagnenfinanzierung und Rüstungslobbyisten gefährdet. Dazu kommt noch, dass in der Luft- und Raumfahrt sowie in der Rüstungsindustrie tätige Unternehmen zunehmend in Schwellenländern aktiv werden, um schrumpfende Verteidigungsetats in stärker entwickelten Ländern auszugleichen. Sie eröffnen sich so Märkte, in denen Schmiergelder Teil der Kultur sind oder in denen Korruption und Vetternwirtschaft in Regierungskreisen um sich greifen.
Verstärkte Risikominderung ist ein Muss
Angesichts des Gefährdungsausmaßes in Luft- und Raumfahrt sowie der Rüstungsindustrie spricht sich Transparency International für stärkere Risikominderungsstrategien in Unternehmen aus.
Die 10 Empfehlungen von Transparency International:
- Nulltoleranz bei Korruption in der gesamten Organisation – von ganz oben bis ganz unten
- Solide interne Kontrollen einschließlich risikobasierter Due Diligence, kontinuierlicher Überwachung und regelmäßiger Bewertung der Wirksamkeit
- Entwicklung von Schulungs- und Unterstützungssystemen in der Compliance, speziell für Mitarbeiter in besonders gefährdeten Funktionen
- Identifizierung aller potenziellen oder realen Interessenskonflikte und Führung prüffähiger Protokolle
- Herausstellung des Transparenzbedarfs im Kontakt mit Kunden, wobei wichtige Details in Bezug auf politische Beiträge, Spenden für gemeinnützige Zwecke und Lobbyausgaben erfasst werden
- Risikomanagement in Bezug auf potenzielle Lieferkettenrisiken mithilfe halbjährlicher Due-Diligence-Kontrollen aktueller Zulieferer
- Entwicklung wirksamer Prozesse im Third-Party-Management einschließlich Anreizstrukturen, die Korruption entgegenwirken, Prüfung aller im Namen des Unternehmens auftretenden Vertreter in Bezug auf wirtschaftliches Eigentum und Veröffentlichung von gegen Dritte eingeleiteten Disziplinarmaßnahmen
- Verpflichtung zu mehr Due Diligence und Transparenz in Bezug auf Kompensationsgeschäfte und die darin involvierten Bezugsberechtigten, Vermittler und Berater
- Zusätzliche Due Diligence hinsichtlich wirtschaftlichen Eigentums und Kontrollstrukturen in risikoreichen Märkten
- Vollständige Offenlegung der Struktur und des Aktienbesitzes bei Geschäften mit staatlichen Unternehmen
Würden Ihre aktuellen Compliance-Regeln und -Verfahren zur Bekämpfung von Bestechung und Korruption einem derartigen Kontrollniveau standhalten?
Nächste Schritte
1. Lesen Sie, wie Unternehmen die ISO-Norm 37001 zur Risikominderung aus Bestechung und Korruption nutzen können.
2. Entdecken Sie LexisNexis-Lösungen für Due Diligence und kontinuierliche Risikoüberwachung.
Zur Person
Salvatore Saporito Team Leader Risk & Compliance Europe

Salvatore Saporito war mehr als sechzehn Jahre bei der LexisNexis GmbH tätig, unter anderem als Team Leader Risk & Compliance Europe. Er studierte an der Universität zu Köln Wirtschaftswissenschaften (Betriebswirtschaftslehre) mit dem Abschluss Diplom-Kaufmann. Er ist Mitglied im Deutschen Institut für Compliance (DICO), dem Berufsverband der Compliance Manager (BCM), in der DGI Fachgruppe Compliance sowie im österreichischen Compliance Praxis Netzwerk. Salvatore Saporito ist regelmäßig Referent zum Thema Geschäftspartnerüberprüfung.
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