Erhöhtes Sanktionsrisiko für Unternehmen mit globalen Lieferketten
16.03.2022 von Thomas Becker
Vor zehn Jahren lag der Schwerpunkt in Bezug auf Sanktionscompliance auf Banken und anderen regulierten Finanzdienstleistern. In den vergangenen Jahren sind jedoch auch viele andere Branchen in das Blickfeld der Aufsichtsbehörden geraten. Warum ist das so?
Die beiden Faktoren Globalisierung und Digitalisierung haben unglaubliches Wachstum möglich gemacht, aber mit ihrer größeren geografischen Reichweite sind Unternehmen auch abhängiger von Dritten geworden.
- Unternehmen führen Fusionen oder Übernahmen durch, um neue Märkte zu erschließen, aber oft haben sie keinen vollen Einblick in Aktivitäten von Tochtergesellschaften und ihren Vertretern.
- Unternehmen nutzen Vertreter, die in ihrem Namen als Wiederverkäufer oder Handelspartner auftreten.
- Lieferketten sind komplexer und zugleich intransparenter geworden.
Viele Finanzdienstleister haben hier bereits einen Vorsprung, da sie in der Regel bereits ausgereifte Programme für Sanktionscompliance besitzen. Unternehmen in anderen Branchen haben Sanktionskontrollen womöglich in bestehende Verfahren zum Kampf gegen Bestechung und Korruption integriert, aber die jüngsten Maßnahmen zur Durchsetzung von Sanktionen lassen vermuten, dass robustere Prozesse für das Risikomanagement notwendig sind.
EU bekräftigt Willen zur Durchsetzung von Sanktionen
Anfang 2021 hat die Europäische Kommission angekündigt, die Um- und Durchsetzung von Sanktionen in der EU zu verstärken. Neben einer Untersuchung aktueller und neuer Wege zum Umgehen von Sanktionen (z. B. Kryptowährungen) strebt die Kommission auch den Aufbau des Sanctions Information Exchange Repository an – einer Datenbank, die Berichterstattung und Datenaustausch zwischen Mitgliedstaaten und der Kommission erleichtern soll.
Anhand der Ergebnisse hat die Kommission vorgeschlagen, in diesem Jahr Gesetzesentwürfe oder aktualisierte Richtlinien vorzulegen.
Sanktionscompliance und Risiko durch Mitverschulden
Bemerkenswert ist außerdem, dass sich in der EU eine Reihe der jüngsten Maßnahmen auf Unternehmen außerhalb der Finanzdienstleistungsbranche konzentrierten, wie das Urteil gegen einen Kraftstofflieferanten vom Dezember 2021 zeigt. Diesen Fokus auf Unternehmen außerhalb des Finanzsektors gibt es nicht nur in der EU. Mitte 2020 hat das britische Office of Financial Sanctions Implementation Leitlinien veröffentlicht, die auf die Seeschifffahrt und verwandte Sektoren abzielen und eine Verlagerung seiner Schwerpunkte signalisieren. In den USA hat auch das Amt zur Kontrolle von Auslandsvermögen (OFAC) Lieferketten und andere Netzwerke aus Dritten stärker ins Visier genommen.
Das OFAC verwendet in seinem „Framework for Compliance Commitments“ fünf Mal den Begriff „Lieferkette“ und weist darauf hin, dass Lieferketten eine der Hauptursachen für die Nichteinhaltung von Vorschriften sind. Vollstreckungsmaßnahmen veranschaulichen sicher, welche Risiken mit weitläufigen Netzwerken aus Dritten einhergehen.
- Gegen einen Anbieter von Seetransporten in den USA wurden Durchsetzungsmaßnahmen unternommen, nachdem festgestellt worden war, dass Tochtergesellschaften Charterverträge mit Schiffen geschlossen hatten, die einem iranischen SDN gehörten.
- Auch ein Technologieunternehmen in den USA hat wegen Handlungen von Wiederverkäufern die Aufmerksamkeit des OFAC auf sich gezogen. Das OFAC stellte fest, dass ein Verstoß gegen Sanktionen vermeidbar gewesen wäre, wenn das fragliche Unternehmen seine Due Diligence auf Handelspartner ausgedehnt hätte, die bekanntermaßen Geschäftsbeziehungen zu mit Sanktionen belegten Ländern unterhalten.
Die Zuständigkeiten des OFAC gehen zudem über US-Unternehmen hinaus. Bei einem runden Tisch mit dem Magazin Financier Worldwide1 im Jahr 2021 stellte Eytan J. Fisch, Partner der internationalen Anwaltskanzlei Skadden, fest:
Das OFAC setzt weiterhin einen stärkeren Fokus auf Maßnahmen gegen Gesellschaften außerhalb des Finanzsektors und ausländische Unternehmen, deren Tätigkeit dem US-Recht unterliegt.“ Weiter führt er aus: „… der Eckpfeiler eines wirksamen Programms für Sanktionscompliance ist eine angemessene Bewertung direkter und indirekter Sanktionsrisiken mit Berücksichtigung von Kunden, Produkten, Dienstleistungen, Lieferketten, Zwischenhändlern, Gegenparteien, Transaktionen und geografischen Standorten.
Mit einem manuellen Prozess ist es nicht einfach, den Anforderungen von Sanktionen gerecht zu werden, besonders dann, wenn der Einblick über direkte Verbindungen hinaus auch weniger offensichtliche Zusammenhänge umfassen muss. Nicholas Bentley von der Novartis Pharma Services AG, ein weiterer Teilnehmer am runden Tisch, stellt fest: „In den letzten fünf Jahren hat sich die Einführung einer technischen Lösung für Sanktionscompliance von einem Luxus für größere multinationale Unternehmen zu einem Muss für jedes Unternehmen entwickelt, das international Geschäfte macht.“
Nächste Schritte:
- Laden Sie unsere Checkliste zur Beurteilung von Sanktionsrisiken herunter.
- Erfahren Sie, wie Nexis Diligence™ und Nexis® Entity Insight Unternehmen dabei helfen, immer auf dem neuesten Stand über sich ändernde Sanktionen zu bleiben.
Quellen:
1 Roundtable: Sanctions compliance & enforcement, financierworldwide.com, 03.2021
Zur Person
Thomas Becker Business Development Manager Risk & Compliance

Thomas Becker ist Business Development Manager Risk & Compliance bei der LexisNexis GmbH. Seit über neun Jahren verantwortet er den Auf- & Ausbau für Süddeutschland & Österreich und betreut branchenübergreifend Compliance-Projekte. Außerdem ist er Mitglied im Deutschen Institut für Compliance (DICO).
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