Vier Gründe für eine ISO 19600-Zertifizierung
19.08.2015 von Dr. iur. Barbara Neiger
Die Internationale Organisation für Normung (ISO) hat im Dezember 2014 die ISO 19600 „Compliance management systems – Guidelines“ veröffentlicht. Der Standard beinhaltet Richtlinien für die Entwicklung, die Umsetzung und die Aufrechterhaltung eines Compliance Management Systems (CMS) für alle Organisationsgrößen und Organisationsformen – sei es für ganze Unternehmen, Teilbereiche, einzelne Standorte oder Abteilungen. Als internationaler Best-Practice-Ansatz bietet er adäquate Maßnahmen, um die Wahrscheinlichkeit für regelwidriges Verhalten zu minimieren.
Eine Zertifizierung gemäß ISO 19600 – als ein unabhängiger Nachweis, dass ein CMS umgesetzt ist – hat einen vielfachen Nutzen für Organisationen. Wir haben für Sie vier wichtige Vorteile zusammengefasst.
1. Transparenz stärkt das Vertrauen in Qualität
Vertrauen ist ein wesentlicher Faktor, um sich für bestimmte Produkte oder Dienstleistungen zu entscheiden. Standardisierte, seriös gekennzeichnete Informationen können diese Entscheidungen beeinflussen. Beispielsweise buchen wir ein Hotel aufgrund einer Hotelbewertung oder wir reservieren in einem Restaurant, wenn wir vorher eine Kritik gelesen haben. Informationen über Unternehmen oder Finanzprodukte erhalten wir zum Beispiel über Ratings. Die Qualifikation einer Person kann durch einen Ausbildungsnachweis, eine Lizenzierung bzw. Auszeichnung dokumentiert werden.
Zertifizierungen nach ISO-Normen durch unabhängige Dritte haben sich längst als anerkannte Signale von Qualität etabliert. Sie beeinflussen die Auswahl von Produkten, Dienstleistungen oder Geschäftspartnern. Eine Zertifizierung gemäß ISO 19600 dokumentiert, dass sich eine Organisation zu einer regelkonformen Abwicklung ihrer Geschäftsaktivitäten bekennt. Die Zertifizierung macht die Leistungserbringung transparenter und schafft somit Vertrauen in die Qualität der angebotenen und erbrachten Leistungen.
2. Minimierung der Wahrscheinlichkeit von regelwidrigem Verhalten
Entscheidend für die Wirksamkeit des CMS ist der sogenannte „Tone from the Top“ – das aktive und adäquat kommunizierte Bekenntnis des Top-Managements zum regelkonformen Verhalten als Grundwert der Organisation bei der Ausübung aller Aktivitäten. Dieses Bekenntnis äußert sich unter anderem im:
- Formulieren einer Compliance-Politik sowie Festlegen von Verhaltensregeln und
- Hervorheben der Bedeutung von regelkonformen Verhalten für die Organisation und für jede Mitarbeiterin und jeden Mitarbeiter. Die Verankerung dieses Wertes im Bewusstsein der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist umso wichtiger, da niemals alle im täglichen Geschäftsverlauf anfallenden Situationen vorab geregelt werden können.
Die Zertifizierung gemäß ISO 19600 ist ein Ausdruck jenes „Tone from the Top“ und schärft das Bewusstsein der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie trägt zur Verfestigung einer auf Compliance getragenen Organisationskultur bei und verringert so die Wahrscheinlichkeit von Compliance-Verstößen.
3. Wettbewerbsvorteile insbesondere für international tätige Organisationen
Die ISO 19600 ist unabhängig von Organisationsgröße, Organisationsform, Branche oder Aufgabenstellung anwendbar. Besonders für grenzübergreifend tätige Organisationen beziehungsweise Unternehmen hat das zuverlässig anwendbare System für regelkonformes Verhalten einen großen Nutzen. Der Standard ist international anerkannt und dessen Anwendung zeigt Partnern weltweit, dass Organisationen ihre Prozesse auf Regelkonformität ausgerichtet haben.
Multinationale Organisationen haben zahlreiche Geschäftspartner in vielen Ländern und Märkten. Gerade die Überprüfung der Geschäftspartner hat hier eine wichtige Bedeutung, da Verstöße gegen Wettbewerbsbestimmungen, Korruptionsstrafrecht oder Kartellrecht ein bedeutendes Risiko darstellen. Die Überprüfung kostet Zeit und Geld. Die Zertifizierung gemäß ISO 19600 kann ein Signal für regelkonformes Verhalten sein. Sie trennt „gute“ von „schlechten“ Geschäftspartnern und erleichtert die Teilnahme an Ausschreibungen beziehungsweise den Zugang zu internationalen Finanzierungen.
4. Steigerung von Effektivität und Effizienz der Geschäftsabwicklung
Die Elemente der ISO 19600 bilden einen Rahmen für eine einheitliche und zielorientierte Organisationsausrichtung. Sie schaffen Strukturen, Regeln und Abläufe zur Verbesserung aller Aktivitäten.
Eine praxisorientierte Risikobewertung ist zentrales Element des CMS. Durch die Verbindung von Compliance-Verpflichtungen mit den Tätigkeiten, Produkten und Dienstleistungen der Organisation werden Aktivitäten identifiziert, in deren Zusammenhang es zu einer Nichteinhaltung von Compliance-Verpflichtungen kommen kann. Die möglichen Nichteinhaltungen werden nach Schwere ihrer Folgen sowie der Wahrscheinlich ihres Eintretens analysiert und bewertet und jene Compliance-Verpflichtungen ausgewählt, deren Einhaltung durch Maßnahmen des CMS sichergestellt werden sollen. Das führt zu einer allgemeinen Effizienzsteigerung der Geschäftstätigkeit. Langfristig ergeben sich auch Kostenvorteile – insbesondere in Geschäftsbeziehungen können vorteilhaftere Vertragsbedingungen sowie höhere Entlohnungen erzielt werden.
Die Zertifizierung eines CMS gemäß ISO 19600 ist eine unabhängige Bestätigung über die Implementierung dieses risikobasierten Führungsinstruments zur Sicherstellung von regelkonformen Verhalten bei der Ausübung der Geschäftstätigkeit. Die regelmäßige Überprüfungen der Zertifikatsbedingungen sowie intervallmäßige Re-Zertifizierung garantieren eine Aufrechterhaltung des CMS und somit die Qualität der Leistungserbringung.
Weitere Informationen zur Anwendung der ISO 19600 finden Sie im Praxishandbuch von Dr. Barbara Neiger „Erfolgreich mit Compliance – zur effizienten Organisation mit ISO 19600" – erschienen im Verlag von Austrian Standards.
Zur Person
Dr. iur. Barbara Neiger Lead-Auditorin

Dr. iur. Barbara Neiger, MBA, MA ist Lead-Auditorin für die ISO 19600 „Compliance management systems - Guidelines" und für die ONR 192050 „Compliance Management Systeme (CMS) - Anforderungen und Anleitung zur Anwendung". Darüber hinaus hält sie einen MA in Anti-Corruption-Studies der International Anti-Corruption Academy Laxenburg.Als selbständige Konsulentin betreut sie Unternehmen bei der Entwicklung, Implementierung und kontinuierlichen Verbesserung von Compliance/Anti-Corruptions-Management-Systemen und gibt Seminare zu diesem Thema.Vor ihren jetzigen Tätigkeiten war sie mehr als 20 Jahre lang... Mehr erfahren
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