Reputationsrisiken im Finanzsektor: Solides Risikomanagement erforderlich
19.04.2023 von Thomas Becker
Was ist der Ruf eines Unternehmens wert? Eine Studie des Weltwirtschaftsforums geht davon aus, dass mehr als 25 % des Marktwerts auf den Ruf zurückzuführen sind.1 Insbesondere im Finanzsektor gehen Reputation und Vertrauen Hand in Hand. Leider auch im negativen Sinne: In den Jahren nach der Weltwirtschaftskrise 2008 brach das Vertrauen in Banken & Co. stark ein. Erst seit 2016 verzeichnet der Finanzsektor wieder eine Vertrauensquote von über 50%.2 Für Banken ist es demnach höchste Zeit, solide Frameworks für die Handhabung von Reputationsrisiken zu schaffen.
Warum ist das Management von Reputationsrisiken so wichtig?
Die derzeitigen wirtschaftlichen Unsicherheiten und geopolitischen Krisen strapazieren das über die letzten Jahre aufgebaute Vertrauen in die Finanzdienstleister. Ein Fehlverhalten in puncto Reputation könnte zu einem ernsthaften Vertrauensverlust führen. Financier Worldwide stellt fest: „Angesichts steigender Inflation und Zinssätze, geopolitischer Spannungen, Energieversorgungsproblemen sowie der anhaltenden Unvorhersehbarkeit der COVID-19-Pandemie und anderer Faktoren könnten die [Finanzdienstleistungs-]Unternehmen verstärkt einem potenziellen Reputationsrisiko ausgesetzt sein.“1 Diese Ungewissheit ist ein Grund für Finanzdienstleister, Adverse-Media-Feeds und andere Drittparteidaten zu nutzen, um das Bewusstsein für Reputationsrisiken zu verbessern.
Die zwei Seiten der Reputation: Chance und Risiko
Um fundierte Entscheidungen über Geschäftsbeziehungen und -abläufe treffen zu können, müssen Finanzdienstleister den Überblick über Reputationsrisiken behalten. Nur so kann ein guter und positiver Ruf gesichert werden. Dieser ist wiederum hilfreich für den Aufbau von Vertrauen und der Gewinnung und Bindung von Kunden. Der gute Ruf ist ein echter Wettbewerbsvorteil, da dieser Unternehmen hilft, sich abzuheben und Vertrauen aufzubauen. Denn Kunden sind eher bereit, mit Unternehmen Geschäfte zu machen, die zuverlässig, transparent und ethisch handeln.
Andererseits kann ein geschädigter Ruf schwerwiegende Folgen für ein Unternehmen haben. Negative Schlagzeilen, Skandale oder Verstöße gegen Vorschriften können das Vertrauen untergraben, die Beziehungen zu Kunden und Geschäftspartnern schädigen und zu Umsatzeinbußen führen. Das hat meist Langzeitfolgen: Kunden und Investoren zögern dann, mit einem Unternehmen Geschäfte zu machen, das in der Vergangenheit Reputationsprobleme hatte. Es dauert lange, dieses Vertrauen wiederherzustellen und den Ruf des Unternehmens zu verbessern. Zudem erfordert dies oftmals einen erheblichen Ressourceneinsatz. Schließlich hat es fast ein Jahrzehnt gedauert, bis die Finanzdienstleistungsbranche nach 2008 das Vertrauen wiedergewonnen und den Imageschaden behoben hatte.
Vorteile der Nutzung von Drittparteidaten
Finanzdienstleister sind seit Jahren führend bei der Nutzung von Daten zur Entscheidungsfindung, da Big Data schon seit Langem eine Priorität ist. Die Möglichkeiten erstrecken sich von der Analyse interner Transaktionsdaten zur Minderung aufsichtsrechtlicher Risiken bis hin zur Analyse von Kundendaten zur Schaffung personalisierter Erfahrungen. Bei der Analyse von Reputation können verschiedene Arten von Daten besonders wertvoll sein.
Adverse Media
- Unter Adverse Media versteht man Nachrichten, gesellschaftliche Kommentare, behördliche Durchsetzungsmaßnahmen, Gerichtsverfahren und andere öffentlich zugängliche Informationen, die sich negativ auf den Ruf eines Unternehmens auswirken oder ihm schaden können.
- Was einen Adverse-Media-Feed von allgemeinen Nachrichten unterscheidet, ist, dass die Daten mit Index-Tags, Schlüsselwörtern und anderen Metadaten (wie Stimmungswerten) versehen sind. Auf diese Weise ist eine wesentlich schnellere Filterung möglich. Die Mengen an globalen Nachrichtendaten und sozialen Kommentaren können schnell auf die relevantesten Informationen eingrenzen werden, welche für die speziellen Überlegungen zum Reputationsrisiko relevant sind.
- Wenn beispielsweise ein Finanzdienstleistungsunternehmen erwägt, eine Geschäftsbeziehung mit einem neuen Kunden einzugehen, kann es negative Mediendaten in die Risikobewertungen und Due-Diligence-Prüfungen integrieren. Dabei können negative Nachrichten oder andere Informationen ermittelt werden, die auf ein unethisches oder illegales Verhalten des Kunden hindeuten könnten. Anhand dieser Informationen kann eine fundierte Entscheidung darüber getroffen werden, ob die Geschäftsbeziehung fortgesetzt werden soll oder ob Schritte zur Minderung möglicher Risiken unternommen werden müssen.
ESG-Nachrichten und -Bewertungen
- Die Bedeutung von Aspekten wie Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG) als Reputationsfaktoren hat in den letzten zehn Jahren Bedeutung zugenommen. The Financial Brand stellt fest, dass insbesondere Millennials und Angehörige der Generation Z bei der Wahl der Geschäftspartner, eher die unternehmerische Verantwortung einer Firma als Kriterium angeben.3
- ESG-Nachrichten und -Bewertungen können wertvolle Informationen zur Identifizierung von Reputationsrisiken liefern. Beispielsweise kann die Verarbeitung natürlicher Sprache und die Analyse von ESG-Nachrichten dazu beitragen, potenzielle Warnsignale bei Unternehmen in Ihren Anlageportfolios aufzudecken. Folglich können diese proaktiv auf negative Presse reagieren, die Ihren Ruf schädigen könnte. Andererseits können Sie positive ESG-Nachrichten oder kontinuierliche Bewertungsverbesserungen im Laufe der Zeit nutzen, um Kauf-/Verkaufsentscheidungen zu treffen. Zudem können diese verwendet werden, um potenzielle Anlageziele für die Entwicklung von ESG-orientierten Anlageprodukten für Kunden zu ermitteln.
Regulatorische Daten
- Finanzdienstleistungsunternehmen operieren bereits in einem komplexen regulatorischen Umfeld, in dem die Bedeutung von Unternehmensführung bei Verbrauchern, Investoren und Arbeitnehmern hoch ist. Angesichts dieser Dynamik ist es von zunehmender Wichtigkeit, den Vorschriften in vollem Umfang zu entsprechen.
- Die Integration von Sanktionen, politisch exponierten Personen (PEPs) und Beobachtungslisten in den Risikomanagementprozess dient nicht nur der Erfüllung regulatorischer Erwartungen zur Eindämmung von Finanzkriminalität, Bestechung und Korruption, sondern signalisiert auch ein Bekenntnis zu guter Unternehmensführung, welchen den Ruf des Unternehmens schützen und verbessern kann.
Die Zukunft des Reputationsrisiko-Managements für Finanzdienstleister
Das Management von Reputationsrisiken ist nicht ausschließlich auf Krisenzeiten zu beschränken. Denn die Integration dieser Risiken in die strategische Planung führt dazu, dass die Organisation auf Erfolgskurs gebracht wird. Insbesondere in Krisenzeiten ist es von entscheidendem Vorteil, wenn das Vertrauen von Kunden und der breiten Öffentlichkeit bereits aufgebaut ist. Corporate Compliance Insights betonte zuletzt, dass "diejenigen, die sich mit dem Thema befassen, erkennen, dass es beim Management von Reputationsrisiken nicht nur um den Schutz vor Verlusten geht, sondern auch um Möglichkeiten zur Wertschöpfung."4
Das Einbinden relevanter Daten in den Risikomanagement-Workflow hilft Unternehmen, aufkommende Reputationsrisiken frühzeitig zu identifizieren und Möglichkeiten zu nutzen, einen positiven Ruf als Treiber für Wachstum zu nutzen.
Nächste Schritte:
- Erfahren Sie mehr über die globale Datenbasis von Nexis® Data Integration und wie sich unsere Adverse Media API von anderen unterscheidet.
- Laden Sie unseren Leitfaden "Risiko-Revolution: So verändert Big Data das Risikomanagement" herunter.
Quellen:
1 Mitigating reputational risk in financial services, financierworldwide.com, 10.2022
2 The Financial Services Trust Rebound, edelman.co.uk, 04.2016
3 Reputations Grow More Fragile Than Ever: What Financial Brands Can Do, thefinancialbrand.com
4 Understanding Reputation Risk: The Qualitative and Quantitative Imperative, corporatecomplianceinsights.com, 2016
Zur Person
Thomas Becker Business Development Manager Risk & Compliance

Thomas Becker ist Business Development Manager Risk & Compliance bei der LexisNexis GmbH. Seit über neun Jahren verantwortet er den Auf- & Ausbau für Süddeutschland & Österreich und betreut branchenübergreifend Compliance-Projekte. Außerdem ist er Mitglied im Deutschen Institut für Compliance (DICO).
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