LexisNexis Studie: „Past, Present + Future of Information Management"
PRESENT
Als Professorin für Wirtschaftsinformationen und Market Intelligence am Institut für Informationswissenschaft der Fachhochschule Köln gepaart mit einer langen Karriere in einem Beratungsunternehmen, kann ich viele Erkenntnisse und Annahmen aus den Interviews und der Online-Umfrage im Rahmen der Untersuchung von LexisNexis teilen.
So zeugt meiner Meinung nach die Tatsache, dass viele der Teilnehmer an der Umfrage und den Interviews länger als 7 Jahre in ihrer Rolle sind, davon, dass der Mehrwert der Rolle des Informationsmanagers in den jeweiligen Unternehmen Anerkennung findet.
Die aktuelle Forschung, die Veränderungen in der Ausbildung und den Berufsbildern sowie das Informationsverhalten meiner Studenten bestätigen auch die in dem Umfrageergebnis ersichtliche Verschiebung der genutzten Quellen. Social Media-Quellen erhalten einen deutlich stärkeren Einzug in die Recherche. Meiner Meinung nach bergen jedoch die verstärkte Nutzung von Social Media-Quellen und eine zumindest bei den Studienanfängern erkennende Vernachlässigung von Zeitungen und Fachzeitschriften das Risiko, dass Einzelmeinungen eine zu starke Bedeutung gewinnen und die unterschiedliche Bedeutung und Verlässlichkeit von Quellen nicht ausreichend Beachtung finden.
Die verstärkte Inanspruchnahme von Expertenmeinungen andererseits bestätigt in meinen Augen, dass viele Informationsmanager von der Informationsflut inzwischen überfordert sind und deshalb Experten zu Rat ziehen. Ist aber jeder, der zu einem Thema einen Blog unterhält, bereits ein Experte? Oder handelt es sich bei Experten nicht doch eher um Personen mit langjähriger Erfahrung in Marktforschung, Verbänden, Unternehmen oder auch Branchenjournalisten? Hier muss man wirklich in der Lage sein zu unterscheiden, wer als ausgewiesener Experte berücksichtigt wird und warum.
Was die erforderlichen Fähigkeiten für den Berufserfolg betrifft, so sind IT-Skills heute unerlässlich für die Wertschöpfung im Unternehmen. Die Information Professionals müssen die passenden Analyse-Tools sowie Datenbank- und Knowledge-Management-Lösungen auswählen und sinnvoll einsetzen können. Diese geforderte Fähigkeit spiegelt sich heute bereits in den neuen Berufsbezeichnungen wider. Viele meiner Studenten arbeiten nach dem Studium zum Beispiel als Web-Analyst, SEO-Manager, Datenbank-Manager, KM-Spezialist oder auch als Social Media Manager. Der Beruf des Information Professionals erhält also neue und weitere Ausprägungen.
PAST
Gerade was die Fähigkeiten von Informationsmanagern betrifft, sind deutliche Unterschiede zur Vergangenheit zu erkennen. So war es früher nicht im gleichen Maße erforderlich, IT-Kenntnisse in der Tiefe mitzubringen wie heute.
Ohne den großen Informationspool „Internet" hatten Informationsmanager früher andere Herausforderungen bei der Informationsbeschaffung. Die Analyse und Bewertung der Informationen hingegen hat sich nicht so sehr verändert.
FUTURE
Die Erkenntnis aus der Umfrage, dass der Stressfaktor für Informationsmanager aufgrund der steigenden Informationsflut weiter zunehmen wird, teile ich nur bedingt. Ob und wie stark der gefühlte Stress zunehmen wird, hängt sowohl von der Branche, der Aufgabe als auch den thematischen Schwerpunkten ab. Schon heute können viele IT-Tools, ob nun im Bereich Distribution, Aufbereitung oder Analyse, richtig angewendet, einen großen Beitrag zur effizienten und effektiven Arbeitsweise beitragen. Voraussetzung dafür sind die entsprechenden IT-Skills und die Auswahl der richtigen Tools.
Dem Stressfaktor aufgrund gestiegener Anfragen durch Standardisierung wiederkehrender Aufgaben entgegenzuwirken ist zum Teil verständlich und bei einfachen Anfragen auch möglich. Dies birgt meiner Meinung nach aber auch die Gefahr, dass die Recherchen dann häufig nicht mehr vertieft bearbeitet werden können.
Diese Gefahr sehe ich übrigens auch bei der zu erwartenden Zunahme der Verwendung von Dashboards. Sicherlich entspricht die Erstellung von Dashboards unserem geänderten Informationsverhalten. Ich sehe daher auch die Tendenz, dass viele Menschen sich nicht mehr die Zeit nehmen, lange Texte zu lesen oder nicht mehr Willens sind es zu tun und sich mit oberflächlichen Informationen begnügen. Umfassend informiert zu sein, d.h. der Zugang zu einer großen Bandbreite an Quellen mit erheblicher Informationstiefe, ist aber eine wichtige Grundlage für strategische Entscheidungen. Bei der Verwendung von Dashboards – sei es aus Sicht des Erstellers oder aus Sicht des Empfängers – muss man sich bewusst sein, dass diese nur einen groben Überblick bieten können und daher vor allem für den Einstieg geeignet sind.
Einen weiteren Ansatz, wie sich der Informationsmanager Luft für tiefgehende Analysen verschaffen kann, sehe ich noch darin, dass er seinen Kunden dabei hilft, einzelne Aufgaben wie zum Beispiel die Erstellung von Unternehmensprofilen zwar selbständig, aber mit Hilfe automatisierter Prozesse zu bewältigen.
Lebenslanges Lernen ist das Stichwort, wenn es darum geht den heutigen und zukünftigen Anforderungen Herr zu werden. Aus- und Weiterbildung in unterschiedlichen Fachbereichen ist für den berufstätigen Information Professional unabdingbar. Nur durch lebenslanges Lernen und Anpassung an die schnellen, in der Regel durch technologische Entwicklungen entstehenden Veränderungen können wir erfolgreich bleiben. Lernen hört nicht mit dem Erreichen eines Universitätsabschlusses auf.
Welche weitere Fähigkeit in meinen Augen von hoher Relevanz für die Wertschöpfung im Unternehmen sein wird, ist die Beurteilung, welche Informationsquellen wichtig sind und wann welche genutzt werden sollten. Wann reicht beispielsweise ein Wikipedia-Eintrag, wann muss man eine Medienanalyse erstellen? Wann und für wen muss man Social Media-Quellen überwachen und wann muss man zusätzlich in eine externe Marktstudie investieren, um sicherzustellen, dass die richtigen Entscheidungen für das Unternehmen getroffen werden können?
Als Informationsmanager müssen wir uns darüber im Klaren sein, dass die Anzahl der Quellen kontinuierlich zunehmen wird. Diese Entwicklung ist nicht mehr aufzuhalten. Deswegen braucht es Information Professionals, die in der Lage sind, die Qualität dieser Quellen zu beurteilen, eine geeignete Auswahl zu treffen und somit verlässliche Informationen zu gewährleisten. Des Weiteren ist es nötig, dass diese Einstellung in der Geschäftsleitung und bei Stakeholdern verankert wird, so dass es klar ist, dass qualitativ hochwertige Quellen Investitionen erfordern. Auch im Wissenschaftsbereich muss und wird sich hoffentlich diese Einstellung durchsetzen, auch wenn ein Großteil der Forschung von Steuergeldern bezahlt wird und damit öffentlich zugänglich sein und kostengünstig gehalten werden sollte z. B. über Wissenschaftsportale und Open Access-Initiativen. Doch es bleibt die Frage, wie der unersetzbare Qualitätsjournalismus finanziert werden soll. Das kann nur dadurch geschehen, dass Verlage verstärkt Bezahlschranken und andere Bezahlmodelle einführen werden und müssen. Ich fürchte jedoch auch, dass in vielen Unternehmen die Erwartung ansteigen wird, dass Informationen im Wirtschaftsbereich kostenfrei zur Verfügung stehen sollen. Wir werden eine zunehmende Spreizung in Hinblick auf die nachgefragten und erstellten Informationen bei Informationsmanagern und deren Kunden erleben. Schnell recherchierte und latent oberflächliche Information stehen umfassend und in der Tiefe erstellten Analysen gegenüber. Viele Mitarbeiter in Unternehmen werden verstärkt nur noch auf öffentlich zugängliche Informationen und durch SEO (Search Engine Optimisation) beeinflusste Suchergebnisse zurückgreifen. Die Einstellung, dass für gehaltvolle Informationen, die strategische Implikationen nach sich tragen, bezahlt werden muss, muss sich noch in einigen Branchen und Märkten durchsetzen.
So sehe ich es als eine wichtige Aufgabe bei meinen Studenten das Verständnis zu fördern und zu fordern, dass sie bei der Quellenauswahl und Quellenbewertung genau hinschauen müssen. Von dieser Kernkompetenz werden auch strategische Unternehmensentscheidungen abhängen.
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